Kann die Digitalisierung den Landesbanken aus der Krise helfen?
Eine Kolumne von Timur Peters, CEO und Gründer der Debitos GmbH
Niedrigzinsen, hohe Regulierungskosten, wandelnde Eigentümerverhältnisse – die Liste der Probleme, mit denen sich die Landesbanken in Deutschland aktuell herumschlagen, ist lang. Auch der digitale Wandel muss vorangetrieben werden, die ersten Schritte sind bereits eingeleitet. Doch wird das ausreichen?
Die Landesbanken stecken tief in der Krise: 2008 wiesen die Institute eine Bilanzsumme von knapp 1.700 Milliarden Euro aus – 2016 lag der Wert nur noch bei etwa 980 Milliarden Euro. Die Eurokrise hat den öffentlich-rechtlichen Gemeinschaftsbanken der Sparkassen und Bundesländer extrem zugesetzt. Von den ursprünglich elf Landesbanken zum Zeitpunkt vor der Finanzkrise sind nur noch sechs übriggeblieben. Und die Gruppe wird sich in absehbarer Zeit nach der Privatisierung der HSH Nordbank von einem weiteren Mitglied verabschieden müssen.
Massive Probleme
Grundsätzlich sind den Landesbanken Krisen nicht fremd. Bereits nach der Jahrtausendwende kam es zu ersten Fusionen – ausgelöst durch die Abschaffung der Gewährträgerhaftung und Umwandlung der Anstaltslast durch die sogenannte Monti-I-Verständigung. Eine generelle Schwierigkeit liegt in der regionalen Bindung der Institute begründet. So bleibt es den Landesbanken verwehrt, sich außerhalb Deutschlands nach Kunden umzusehen.
Neu sind jedoch die massiven Probleme, mit denen aktuell viele Banken zu tun haben. Dazu zählen neben den Niedrigzinsen auch die Regulierungskosten aufgrund der Basel III-Vorschriften sowie die hohen Sicherungsaufwendungen. Auch die IT-Systeme sind veraltet und müssen dringend modernisiert werden. Darüber hinaus haben die Landesbanken zusätzlich mit einer Art Kannibalisierungseffekt seitens der Sparkassen zu kämpfen. Diese gehen nach und nach dazu über, die Kernkompetenz ihrer regionalen Zentralinstitute – die Vergabe großer Firmenkredite – selbst zu übernehmen.
Süd-Nord-Gefälle
Während es den südlichen Landesbanken wie der LBBW, der BayernLB sowie der Helaba aufgrund ihrer wirtschaftsstarken Standorte noch verhältnismäßig gut geht, ist es um die nördlichen Kreditinstitute schlechter bestellt: Die HSH Nordbank wurde gerade von den „Höllenhunden“ von Cerberus übernommen; die Bremer Landesbank ist 2017 von der NordLB geschluckt worden, die aber selbst in massiven finanziellen Schwierigkeiten steckt.
Fakt ist: Auch die Landesbanken müssen sich neuen Wegen öffnen, um langfristig liquide und vor allen Dingen relevant zu bleiben. So könnte etwa der Ausbau des digitalen Angebots eine wichtige Tür öffnen. Denn auch wenn die Digitalisierung den Bankensektor vor eine zusätzliche Herausforderung stellt, bietet sie gleichzeitig viele neue Chancen – ein Potenzial, das die Landesbanken bereits langsam zu erkennen scheinen.
Dafür werden auch in den Landesbanken neue Verantwortungsbereiche geschaffen. Seit März 2016 verantwortet beispielsweise Dr. Gerhard Kebbel den Bereich „Digitalisierung“ bei der Helaba – und stieß zu Beginn zunächst auf viel Gegenwind aus den eigenen Reihen. Auch die LBBW hat sich in Richtung digitaler Wandel bewegt: Seit Anfang des Jahres ist der IT-Bereich direkt beim Vorstandsvorsitzenden Rainer Neske angesiedelt. Die Digitalisierung ist seither Chefsache. Die LBBW bräuchte „eine Prise Start-up-Kultur“, sagte Neske im März dieses Jahres der Stuttgarter Zeitung.
Ausbau des digitalen Angebots
Mehr „Start-up-Kultur“ wollen die Landesbanken aktuell vorrangig durch Partnerschaften mit jungen Finanzunternehmen erreichen: Seit 2017 kooperiert etwa die NordLB mit einem Frankfurter FinTech. Mittels einer Financing-Plattform verbessert das hannoversche Kreditinstitut den Direktzugang zu den ERP-Systemen seiner Kunden und ermöglicht diesen umgekehrt mehr Flexibilität und Effizienz bei administrativen Abläufen.
Auch die bayerische Landesbank entwickelt ihr digitales Angebot inzwischen weiter und hat mithilfe einer von einem Start-up entwickelten digitalen Plattform sein Beratungsangebot ausgebaut. Zudem macht es die BayernLB der Helaba gleich und ist in das digitale Schuldscheingeschäft eingestiegen. Demnach nutzen beide Landesbanken eine Emissionsplattform, über die Schuldscheintransaktionen vollständig digital abgewickelt werden können.
Einen großen Schritt ist die LBBW im Juni dieses Jahres gegangen: Gemeinsam mit der Stuttgarter Börse hat die Landesbank ein eigenes Tochterunternehmen gegründet. Ab dem Spätsommer soll interessierten Unternehmen und Investoren eine digitale Schuldschein-Plattform marktweit offenstehen. Auch die Blockchain soll in den kommenden Monaten eingegliedert werden.
Diese Beispiele zeigen: Die Landesbanken machen gerade ihre ersten vorsichtigen Schritte in die Zukunft. Doch eine Kooperation mit einem FinTech oder ein neu geschaffener Geschäftsbereich sorgen noch nicht für den digitalen Wandel. Die Institute sind nach wie vor ein wichtiger Pfeiler innerhalb der stark zersplitterten deutschen Bankenlandschaft. Ein modernes IT-System und neue Einnahmequellen über digitale Geschäftsmodelle sind für die Landesbanken aber zukünftig Grundvoraussetzungen, dass sie nicht noch weiter von ihrer Relevanz einbüßen.
Die Kolumne wurde zuerst auf Welt.de veröffentlicht.
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