Gesetzesentwurf: Notlagentarif für überschuldete Versicherte
Aktuell vermelden die gesetzlichen Krankenkassen durch Zahlungsverzug zustande gekommene Außenstände in Höhe von 4,5 Milliarden Euro bei 638.000 offenen Konten. Dabei kann ein Versicherter mehreren dieser Konten zugeordnet werden. Die privaten Krankenversicherungen sprechen von 150.000 säumigen Kunden und Außenständen von rund 554 Millionen Euro. In Anbetracht dieser enormen Zahlen will Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr nun für viele säumige Beitragszahler in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung nun einen Weg aus der Schuldenfalle ebnen. So soll Hunderttausenden von säumigen Versicherten mit einem Gesetz geholfen werden, das unter anderem eine spürbare Senkung des monatlichen Säumniszuschlags und einen preiswerteren Notlagentarif vorsieht. Wichtig und richtig ist, dass Wege gefunden werden müssen, diese enormen Außenstände zu reduzieren. Richtig ist auch, dass Gläubiger und Schuldner gemeinsam eine Lösung herbeiführen müssen. Allerdings sollten zur Reduktion der Außenstände auch ergänzende Bausteine wie der Verkauf der Forderungen über Deutschlands erste Forderungbörse verwendet werden.
Hohe Zinsen auf ausstehende Beiträge vor gesetzlichem Verbot
Viele der säumigen Versicherten können ihre Rückstände in der Beitragszahlung nicht aufholen, weil die gesetzlichen Krankenkassen einen knackigen Säumniszuschlag von 5 Prozent pro Monat erheben. So wundert es nicht, dass der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, in der ÄrzteZeitung sagt: „60 Prozent Zinsen im Jahr, das ist Wucher.“ Um diesen radikalen Zinssatz auf Außenstände Geschichte werden zu lassen, soll das entsprechende Gesetz noch vor der Bundestagswahl im September 2013 verabschiedet werden. Alternativ können die Krankenkasse selbstverständlich schon heute ihre Außenstände reduzieren, indem sie ihre Forderungen den rund 140 qualifizierten Investoren über Debitos anbieten.
Konkrete Säumniszinsen vor gesetzlicher Verankerung
Für die GKV sieht der Gesetzesentwurf eine Senkung des Säumniszuschlages auf monatlich 1 Prozent vor. Florin Lanz, Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung, begrüßt diese Zinssenkung: „Hier werden die Verhältnisse gerade gerückt.“ Für die PKV soll darüber hinaus ein preiswerter Notlagentarif in Höhe von 100 Euro pro Monat eingeführt werden. Dieser soll die Behandlungen akuter und chronischer Erkrankungen, Schmerzzuständen, und Schwangerschaften abdecken. Insgesamt, so sind sich viele Branchenexperten einig, können die Änderung im Gesetz dazu beitragen, dass künftig nicht mehr Hunderttausende mit teilweise fünfstelligen Säumniszulagen kämpfen müssen. Es stellt sich trotz des positiven Echos auf Bahrs Vorstoß dennoch die Frage, ob und wie die bisher angehäuften Forderungen realisiert werden können.