Druck auf dem deutschen Schuldscheinmarkt wächst
Eine Kolumne von Timur Peters, Gründer und Geschäftsführer der Debitos GmbH
Immer mehr Emittenten drängen auf den Schuldscheinmarkt – der Druck auf Investorenseite steigt. Gleichzeitig sind auch große Unternehmen teils instabil. Wie lässt sich ein Platzen der Blase verhindern?
Die Steinhoff AG steckt tief in der Krise: Aktuell steht die POCO-Muttergesellschaft mit mehr als zehn Milliarden Euro in der Kreide – das gab Vorstandschefin Heather Sonn im Rahmen der Jahreshauptversammlung bekannt.
Seit im Dezember 2017 Unregelmäßigkeiten in der Bilanz von Steinhoff bekannt wurden, verlor das Unternehmen bis zu 90 Prozent seines Börsenwerts. Mit Notverkäufen soll zumindest ein Teil der Schulden bedient werden, die das Unternehmen mittlerweile angehäuft hat.
Die Steinhoff-Krise erreicht zunehmend auch die Banken, die in den vergangenen Jahren nicht nur Kredite an das Unternehmen vergeben, sondern auch Schuldscheindarlehen für Steinhoff arrangiert haben. Erst im Juni 2015 wurde ein Schuldschein der AG über 730 Millionen Euro gezeichnet – die BayernLB, immerhin der Arrangeur des Darlehens, hat ihren Anteil mittlerweile an Investoren verkauft. Das Vertrauen in Steinhoff ist verloren gegangen.
27 Milliarden Euro über Schuldscheine eingesammelt
Steinhoff ist nur ein Unternehmen von vielen, das in den vergangenen Jahren auf Schuldscheine zur Finanzierung setzte. Besonders in Deutschland ist die Zahl der Darlehen in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Zum Vergleich: 2007 lag das Volumen noch bei rund fünf Milliarden Euro; zehn Jahre später wurden über Schuldscheine bereits 27 Milliarden Euro eingesammelt.
Die institutionellen Anleger, die in das noch relativ junge Nischenprodukt investieren, stammen aus dem In- und Ausland. In Deutschland sind häufig Sparkassen, Lebensversicherungen, Pensionskassen und im Einzelfall auch Gemeinden an den Tranchen interessiert, die von den Arrangeuren der Schuldscheine weiterverkauft werden.
Und die Nachfrage auf Investorenseite ist enorm, viele Transaktionen in den vergangenen Jahren waren vielfach überzeichnet: Das Bauunternehmen Hochtief sammelte im Februar 2017 statt 150 Millionen Euro mehr als das Dreifache ein. Auch Steinhoff wollte ursprünglich nur 300 Millionen Euro einnehmen.
Schuldscheinmarkt zunehmend komplizierter
Sicherheit gab den Investoren bisher, dass Schuldscheine generell nur an bonitätsstarke Unternehmen ab einem Umsatz von einer Milliarde Euro vergeben wurden. Doch die Pleiten von Schwergewichten wie Steinhoff und dem britischen Baukonzern Carillion zeigen leider, dass die Größe des Unternehmens kein Qualitätsmerkmal sein muss. Bei Carillion verging nur rund ein Jahr zwischen der Zeichnung des Schuldscheins in Höhe von 112 Millionen Pfund und dem Insolvenzantrag. Doch war das nur ein Warnsignal?
Generell wird der Schuldscheinmarkt immer komplizierter: Das große Investoreninteresse lockt immer mehr kleine und weniger solvente Unternehmen an, die sich per Darlehen diskret und ohne viel Aufwand eine Finanzspritze genehmigen. Sie nutzen Schuldscheine häufig, weil sie entweder keinen Kredit mehr von der Hausbank erhalten oder ihnen der Anleihenmarkt mit seinen strengen Regeln nicht oder nicht mehr zur Verfügung steht. Die Folge: Der Markt wird immer heißer, während die Qualität der Papiere nachlässt – immer ein schlechtes Zeichen.
Sparkassen und Lebensversicherungen sind aktuell auf Investments abseits ihres Kerngeschäfts angewiesen, um Geld zu verdienen. Doch das Risiko am Schuldscheinmarkt nimmt für die Investoren immer weiter zu. Ein Zweitmarkt, wie ihn die Börsen Hamburg-Hannover oder auch Debitos anbieten, ist ein wichtiges Instrument. Die Anleger haben so eine effiziente Möglichkeit, auch mal aus einer Investition auszusteigen. Sonst wird der Druck immer höher und die Blase wird platzen.
Diese Kolumne ist zuerst bei Welt.de erschienen.
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