EU-Richtlinie soll mehr Schutz vor willkürlichem Zahlungsverzug bieten
Mit der neuen EU-Richtlinie 2011/7/EU wollen die EU-Mitgliedsstaaten willkürlichem Zahlungsverzug einen einheitlichen Riegel vorschieben und säumige Trittbrett- und Geisterfahrer des europäischen Güter- und Dienstleistungsverkehrs mit schärferen Sanktionen ahnden. Die Richtlinie soll Gläubigern und vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen mehr Schutz bieten. Diese geraten nämlich in erster Linie in Liquiditätsengpässe, wenn offene Forderungen nicht sofort beglichen werden und andere Finanzierungsquellen nicht zur Verfügung stehen.
Umsetzung in nationales Recht bis März 2013 vorgesehen
Bis zum 16. März 2013 haben die Mitgliedsstaaten nun Zeit, die EU-Vorgaben in nationales Recht umzuwandeln. Mit dieser neuen Richtlinie reagierte die EU auf die stumpfen Schwerter einzelner Mitgliedsstaaten mit Hinblick auf die Bekämpfung von Zahlungsverzug. Das Recht der Gläubiger soll geschärft werden, denn in einigen Ländern der Europäischen Union müssen Schuldner nicht einmal Verzugszinsen zahlen und die Mechanismen der Beitreibung arbeiten langsamer. Die Folge: Viele Schuldner nehmen diese für sie günstigen Darlehen dankend an und begehen bewussten Vertragsbruch, indem sie die eigenen Liquiditätsengpässe durch das Nicht-Bezahlen offener Rechnungen überbrücken.
Richtlinie soll vor allem grenzüberschreitende Zahlungsausfälle in der EU verhindern
Mit der Umsetzung der neuen EU-Richtlinie in nationales Recht erhoffen sich in erster Linie jene Unternehmen, die Erfahrungen mit grenzüberschreitenden Zahlungsausfällen haben, eine Erleichterung und mehr Rechtssicherheit beim Forderungsmanagement. Die Einführung eines einheitlichen Zahlungsziels (Zahlung der Rechnung spätestens 60 Tage nach Rechnungsstellung) und die Möglichkeit, säumigen Gläubigern in Zukunft automatisch Verzugszinsen und eine Inkassopauschale von mindestens 40 Euro berechnen zu können, sollen für eine adäquate Abschreckung vor willkürlichem Zahlungsverzug sorgen. Ebenso wichtig: Gläubiger sind nicht mehr in der Pflicht, ihren Schuldnern vor Berechnung von Verzugszinsen irgendeine Art der Erinnerung an die Zahlungsverpflichtung zukommen zu lassen. Ab 2013 sind Gläubiger daher berechtigt, Zinsen sofort nach Ablauf des Zahlungsziels einzufordern.
Kritische Reaktionen vom deutschen Mittelstand
Das deutsche Bauhandwerk kritisiert an der Richtlinie, dass sie in „Ausnahmefällen, und nur, wenn der Gläubiger dadurch nicht erheblich benachteiligt wird“, eine Ausweitung des Zahlungsziels auf 60 Tage zulässt. In Kombination mit einer ebenfalls neuen EU-weiten Abnahmefrist von 30 Tagen können Zahlungen so auf ganz legalem Wege bis zu 90 Tage verzögert werden.
Zahlungsverzug durch richtige Rechnungsstellung vorbeugen
Experten bezweifeln daher, dass die neue Richtlinie den erwünschten Effekt erzielen kann und raten daher, in jedem Fall klare Zahlungsfristen anzugeben – im Idealfall maximal 30 Kalendertage. Noch besser ist es, ein konkretes Zahlungsdatum in der Rechnung zu nennen und Rechnungen natürlich auch so früh wie nur möglich abzuschicken. Diese Empfehlungen gelten übrigens auch für die Behandlung von Stammkunden. Aber es gibt auch Alternativen, die Unternehmern das flexible Handeln erleichtern und Handlungsspielräume erweitern. Hierzu gehören verschiedene Instrumente der Absicherung wie Zahlungsgarantien und Bankavale. Innerhalb Deutschlands ist es außerdem bereits möglich, Außenstände durch flexiblen Forderungsverkauf zeitnah in Liquidität umzuwandeln.